Thomas Brost, stellvertretender Schulleiter der BBS Soltau, und Carsten Eckloff mit dem EuropaSCHULPreis © BBS Soltau
Dezember 2023
Seit seiner Einführung im Jahr 2005 ist der Europass Mobilität für viele Auszubildende und Lehrende in der beruflichen Bildung ein wichtiges Dokument, um Lernergebnisse von Auslandsaufenthalten europaweit transparent nachzuweisen. Wie sich dieses Instrument der Europäischen Union dabei weiterentwickelt hat und welche Möglichkeiten es heute mit dem Europass-Portal bietet, zeigt das Beispiel der Berufsbildenden Schulen Soltau (BBS Soltau), wo Internationalisierung bereits seit mehr als 30 Jahren groß geschrieben wird.
„Erste länderübergreifende Austauschprogramme gab es bereits vor mehr als 30 Jahren“, erinnert sich Annette Ruelius-Mangold, die 1990 an die BBS Soltau kam und schon damals ein stark ausgeprägtes Faible für das Nachbarland Frankreich besaß. Nicht zuletzt deshalb starteten die europäischen Aktivitäten der Schule mit einem bilateralen deutsch-französischen Programm, das in der Folgezeit kontinuierlich ausgebaut wurde und heute noch immer aktiv ist.
Bis zum ersten Europass Mobilität dauerte es allerdings noch ein paar Jahre. Dieser wurde im Jahr 2006 verliehen – ein Jahr nach seiner europaweiten Einführung. Für Ruelius-Mangold, die seit kurzem im Ruhestand ist, aber der Schule weiter verbunden bleibt, ein echter Meilenstein. Sie sagt: „Der Europass Mobilität war und ist ein hervorragendes Instrument, um die Auslandsaufenthalte zu dokumentieren und den Austausch zu professionalisieren. Er macht das Thema Internationalisierung für alle Beteiligten attraktiver und schafft eine Basis, auf der wir mit unseren Partnerschulen und den Betrieben sehr gut zusammenarbeiten konnten.“
Gaby Tinnemeier sieht das ähnlich. Die Leiterin der BBS Soltau unterstreicht, dass Europass zu einem festen Bestandteil der Internationalisierungsstrategie der Schule geworden sei, da er vor allem die Qualität der Auslandsaktivitäten sichere. Tinnemeier:
Auslandsaufenthalte in der Berufsbildung sind ja keine Urlaubsreise. Es geht vielmehr darum, die fachlichen und persönliche Horizonte der Teilnehmenden zu erweitern. Je mehr systematische Qualitätsbausteine wir dazu einsetzen, desto klarer ist auch das Verständnis dessen, was wir dort tun. Das gilt nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Lehrenden. An unserer Schule wird Europa gelebt.
Von 2006 bis heute wurden an der BBS Soltau – die seit 2015 auch als Europaschule firmiert – weit mehr als 700 Europässe Mobilität ausgestellt. Auslandspraktika können heute in 15 verschiedenen Ländern absolviert werden. Neben Frankreich sind derzeit auch Ziele wie Estland, Finnland, Spanien oder Rumänien sehr gefragt. Von Beginn an kam dabei nicht nur der Europass Mobilität zum Einsatz, auch Tools wie der Europass Lebenslauf und der Europass Sprachenpass wurden intensiv genutzt, um die Schülerinnen und Schüler im Bewerbungsverfahren und beim Nachweis ihrer Sprachkompetenzen zu unterstützen.
Das Thema Bewerbung spielt auch heute eine zentrale Rolle, wenn es um den Nutzen und die Vorteile von Europass geht. Als europäische Plattform für Bewerbung und Jobsuche bietet das im Juli 2020 von der Europäischen Kommission gestartete Europass-Portal zahlreiche praktische Tools für Bewerberinnen und Bewerber. Das kostenlose Portal steht für die Idee eines vereinten Europas, es ist in 31 Sprachen verfügbar. Dies trägt dazu bei, dass sprachliche Hürden beim Erstellen einer Bewerbungsmappe einfach überwunden werden können.
Nutzerinnen und Nutzer können im Europass-Portal ein persönliches Profil anlegen sowie Lebensläufe und Anschreiben in verschiedenen Designs erstellen und nach passenden Jobs und Weiterbildungen suchen. Darüber hinaus bietet Europass Tools für die Selbsteinschätzung von Kompetenzen, etwa das Tool zur Selbsteinschätzung digitaler Kompetenzen. Der interaktive Online-Test basiert auf dem Europäischen Rahmen für digitale Kompetenzen und ermittelt persönliche Stärken und Schwächen in den Bereichen Informations- und Datenkompetenz, Kommunikation, Erstellung digitaler Inhalte, IT-Sicherheit und Problemlösung. Zugleich erhalten die Anwenderinnen und Anwender Vorschläge für den Ausbau ihrer Kompetenzen. Wichtig ist dies vor allem vor dem Hintergrund, dass laut Prognosen der Europäischen Kommission zukünftig rund 90 Prozent aller Jobs in unterschiedlichen Sektoren digitale Kompetenzen erfordern werden.
Carsten Eckloff ist der Nachfolger von Annette Ruelius-Mangold. Er ist bereits seit 2017 im Europa-Team der Schule aktiv und koordiniert heute deren Erasmus+-Aktivitäten. Eckloff betont:
Der Europass trägt erheblich dazu bei, unsere Schülerinnen und Schüler fit für die Berufswelt zu machen.Das liegt zum einen daran, dass die Grundstrukturen des Dokuments nach wie vor unschlagbar gut sind, zum anderen aber auch an Tools wie dem digitalen Kompetenztest.
Eckloff weiter: "Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung halte ich die Selbsteinschätzung der digitalen Kompetenzen für ein sehr wichtiges Tool, und zwar sowohl für die Lehrenden selbst als auch für den Unterricht. Auch die Angebote zum Lernen und Arbeiten in Europa eignen sich diesbezüglich. Ich habe bereits überlegt, sie als Rechercheauftrag in unsere regelmäßig stattfindende Europa-Woche aufzunehmen."
Die klare Struktur des Europass Lebenslaufs helfe den Schülerinnen und Schülern, sich selbst und ihre Bewerbungsunterlagen entsprechend zu reflektieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln, ergänzt Gaby Tinnemeier. Sie glaubt, dass dies auch für die Arbeit der 2018 an der BBS Soltau eingerichteten Jugendberufsagentur relevant sein könne, zumal diese die Aufgabe habe, jungen Menschen den Übergang von der Schule in den Beruf zu erleichtern und Hürden auf dem Weg zur Berufsausbildung auszuräumen. Der Europass schaffe dazu Strukturen und erleichtere die Arbeit.
„Mir ist es als Schulleiterin immer darum gegangen, dass wir niemanden verlieren“, erklärt Tinnemeier. Auch deshalb wollte sie die Jugendberufsagentur direkt an der Schule ansiedeln, da hier die Hürden am niedrigsten seien. Tinnemeier wörtlich: „So geben wir den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, weiter an ihrem Weg zu arbeiten. Sie müssen nicht durch die verschiedenen Institutionen wandern, um ihre Probleme zu lösen, sondern erhalten vor Ort konkrete Unterstützung aus einer Hand. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Europass zukünftig auch in diesem Kontext eine immer wichtigere Rolle spielen wird.“
Text von Manfred Kasper